Gut zu Huf
Er sieht zwar hart und starr aus und gibt anscheinend überhaupt nicht nach wenn der eigene Fuß darunter ist – der Schein trügt jedoch. Der Huf ist ein hochkomplexer Teil des Abfederungssystems des Pferdebeines, weshalb ein Pferd mit schlechten Hufen es schwerer hat. Wie ein gesunder Huf arbeitet und welchen Einfluss Hufeisen darauf haben, möchte ich euch heute zeigen.
Barfuß gesund
In freier Wildbahn habe ich bisher noch kein beschlagenes Pferd zur Welt kommen sehen, weshalb ich zunächst vom unbeschlagenen Huf ausgehe.
Fußt ein gesunder Barhuf auf ebenem Boden auf, so verteilt sich das Gewicht nicht nur auf dem Tragrand, sondern auch auf den Eckstreben, der Hornsohle und dem Strahl. All diese Strukturen haben Kontakt zum Boden.
Die Form des Hufes, ein ¾ -kreisförmiger Tragrand, der nach hinten offen durch Knorpelgewebe (die Ballen) verschlossen ist, ist kein Zufall von Mutter Natur, sondern eine Finte von Miss Evolution. In dem Moment, in dem Gewicht auf den Huf kommt, dehnt er sich aus. Bei einem geschlossenen Kreis wäre dies gar schwierig. So aber können vor allem die Trachten nach außen nachgeben, das weiche Knorpelgewebe der Ballen folgt und sorgt für zusätzliche Federung. Je mehr man sich der Zehenspitze nähert, desto geringer ist die Bewegung der Hufwand nach außen (Schematische Darstellung: blaue Pfeile).
Die Hornsohle folgt logischerweise der Bewegung der Hufwand und senkt sich unter dem Gewicht zum Boden – die Kontaktfläche mit dem Boden wird größer, das Gewicht wird somit besser verteilt. Aber auch der Strahl hat Kontakt zum Boden. Er wirkt wie ein elastisches Kissen und federt Schläge ab.
Hier siehst Du einen vertikal aufgeschnittenen Huf, an welchem die Hufbewegung demonstriert wird. Es ist sehr schön zu sehen, wie das Gewicht, welches auf das Hufbein wirkt, den gesamten Huf verformt und dass dabei auch Strahl und Sohle den Kontakt zum Boden aufnehmen.
Unter der Hufkapsel liegt das eng damit verankerte Hufbein. Dazwischen befinden sich neben elastischer Strukturen auch viele feine Blutgefäße. Beim Auffußen steigt durch die Elastizität des Hufes und seiner Strukturen der Druck in den Gefäßen und das Blut wird aus den Venen nach oben gepumpt. Dies ist ein wichtiger Mechanismus, der ein versacken des Blutes in den Beinen verhindert.
Beim Pferd ist somit Bewegung genauso wichtig wie beim Menschen um einen guten Rückfluss des Blutes zum Herzen zu garantieren. Auf diesem Video kannst du genau erkennen, dass sich beim Auffußen die Gefäße mit Blut füllen.
Hufeisen bringen Glück?
Beim korrekt beschlagenen Pferdehuf funktioniert die Pumpwirkung nach wie vor, wenn auch eingeschränkt. Korrekt beschlagen bedeutet, dass der Huf die Möglichkeit hat, sich auszudehnen. Folglich dürfen die Nägel nicht zu weit hinten (Richtung Trachten) eingeschlagen werden. Auch Hufeisen mit zwei statt einer Zehenkappe minimieren die Bewegungsmöglichkeiten des Hufes und sollten daher sparsam eingesetzt werden.
Aber auch wenn das Pferd korrekt beschlagen wurde, steht dem Pferd nicht mehr die gesamte Hufmechanik zur Verfügung. Die Bewegung findet vor allem im Bereich der Trachten statt; aufgrund der Nägel kann sich der Huf im Zehenbereich nicht mehr richtig ausdehnen. So kann man an diesem Hufeisen erkennen, dass die Bewegung der Trachten im hinteren Bereich das Eisen blankpoliert hat
Außerdem kommen beim Auffußen weder Strahl noch Sohlenhorn in Kontakt mit dem Boden. Das Gewicht des Pferdes verteilt sich also einzig auf dem Hufrand, wodurch nicht nur der Hufrand vermehrt belastet wird, sondern auch die Federwirkung des Hufes und die Pumpfunktion zum Teil verloren gehen. Auch kann sich der Huf dem unebenen Boden nicht mehr anpassen, da sich das Hufeisen nicht verformen lässt. Folglich müssen die Gelenke und Sehnen der Beine die Unebenheiten ausgleichen.
So kommt es auch, dass ich bei beschlagenen Pferden fast immer eine Kompensation oder Überlastung der Sehnen und Bänder am Fesselkopf finde. Ganz spurlos gehen Eisen also nicht an der Hufmechanik vorbei. Sie sind aber nichts desto trotz für viele Pferde ein Glücksbringer.
Hufeisen – Kunstoff – Hufschuh – Barhuf
Folglich sollte jeder Pferdebesitzer gut abwägen, ob er sein Pferd beschlagen möchte oder nicht. Barhuf oder mit Eisen hat man Vor- und Nachteile. Hat man jedoch ein Pferd mit gesunden Hufen, welches auch ohne Eisen schmerzfrei gehen kann, gibt es kein Argument, warum es beschlagen werden sollte.
Einzig ein Problem gibt es: Springambitionierte Reiter könnten barhuf nicht überall zugelassen werden. Noch ist dies eine Grauzone und jedem Veranstalter ist selbst überlassen, ob auch unbeschlagene Pferde starten dürfen. Ich hoffe jedoch, dass diese Entscheidung in Zukunft dem Reiter überlassen wird und dieser dann selbst erkennt, wann es zu gefährlich wäre, mit einem unbestollten Pferd zu springen.