Longieren - mehr als Zentrifugieren!
Was ist das Ziel von guter Longenarbeit? Was scheint oftmals das Ziel zu sein und wie sieht Longieren in der Realität oft aus? Warum wird diese Arbeitsweise so unterschätzt und welche Möglichkeiten bietet sie? Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht.
Was ist das Ziel von guter Longenarbeit?
Zunächst soll das Pferd lernen, sich selbst im Gleichgewicht auf gebogener und gerader Linie zu tragen, zu biegen, zu stellen und zu dehnen. Es werden die selben Anforderungen gestellt wie unter dem Reiter: Takt, Losgelassenheit, Schwung, Anlehnung und gerade Richten sollten unbedingt korrekt erarbeitet werden.
Je fortgeschrittener Pferd und Mensch bei dieser Arbeit sind, desto mehr geht die Arbeit in Richtung Langzügelarbeit: Die Doppellonge kommt evtl. dazu, es wird Aufrichtung und Versammlung verlangt.
Was scheint oftmals das Ziel zu sein?
Longieren kann bequem sein. Der Longenführer steht in der Mitte, das Pferd rennt im Kreis. Der richtige Ausdruck für solche „Longenarbeit“ ist: Bewegungstherapie für das Pferd.
Wie sieht Longieren in der Realität oft aus?
Die Art von Longieren welche ich hier ansprechen möchte, ist zum Glück immer seltener anzutreffen, wird bei weitem aber noch viel zu häufig praktiziert. Hierbei wird das Pferd per Hilfszügel in eine Haltung gezwängt und dann zentrifugiert. Es könnte „Bewegungstherapie für das gute Gewissen“ genannt werden. Im Grunde muss das Pferd nur im Kreis laufen, da es dabei aber in einer bestimmte Haltung läuft, glaubt der Mensch etwas sinnvolles getan zu haben.
Was hier vergessen wird, sind die negativen Folgen die das Pferd davon trägt.
1. Durch die Zwangshaltung verkrampft die Muskulatur. Da die Hilfszügel nicht vom Longenführer in ihrer Länge variiert werden können, kann zwischenzeitlich keine erholsame Dehnungshaltung eingenommen werden. Diese wäre nötig um die Muskulatur wieder richtig zu durchbluten und einem Krampfen und somit Schmerzen vorzubeugen.
2. Beim Zentrifugieren lehnt sich das Pferd an der Longe an, es trägt sich folglich nicht selbst. Dem starken Zug nach innen wird durch Spannung der vor allem äusseren Muskulatur gegen gehalten. Diese kompensatorische Muskelarbeit ist ganz und gar nicht wünschenswert. Hier wird Muskulatur in falscher Art und Weise benutzt und aufgebaut.
3.Durch das festhalten des Pferdes, sei es nun durch den Longenführer oder durch die Hilfszügel, lernt das Pferd nicht, sich selbst du tragen. Sitzt nun der Reiter auf, verlangt er aber plötzlich, dass das Pferd genau dies tut, fein an den Hilfen ist und Durchlässigkeit zeigt. Es kann aber eine korrekte Haltung nun auch wieder nur mit grosser Hilfe durch den Reiter einnehmen, da es ja noch nicht ein mal ohne Reiter gelernt hat, wie das geht.
Mein Fazit
Longieren wird leider viel zu selten ernst genommen.
Es bietet wunderbare Möglichkeiten dem Pferd den Weg zum Reitpferd zu ebnen und gezielt die richtige Muskelarbeit zu fördern und zu fordern. Der Vorteil, dass man sein Pferd von der Seite sieht und die Bewegungen analysieren und korrigieren kann, sollte sinnvoll genutzt werden.
Longieren kann so vielseitig sein und hat nichts damit zu tun, das Tier im Kreis laufen zu lassen. Auch Geraden und Schlangenlinien gehören zum Longieren. Stangenarbeit ist äusserst wertvoll an der Longe, wenn korrekt ausgeführt. Longieren auf unebenem Boden, z.B. auf einer Wiese, fördert Aufmerksamkeit, Reflexe, Elastizität und Muskelaufbau.
Was ich mir wünsche:
An der Longe und an der Hand lässt sich erarbeiten, was später unter dem Reiter funktionieren soll. Also nutzt diese Möglichkeit und seid kreativ dabei – so bereitet es dann auch Pferd und Mensch Freude!